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Planspiele als Augenöffner für theoretisch Gelerntes

Dieser Beitrag enthält ein Interview mit Prof. Dr. Friedrich Trautwein, wissenschaftlichem Leiter des ZMS, das den Einsatz von Planspielen in der Hochschullehre zum Thema hat. Dezidiert geht es um Einsatzmöglichkeiten in der Lehre, die besonderen Charakteristika, den Aufbau und die Durchführung von Planspielen sowie die speziellen Herausforderungen an die Planspielleitung.

Portrait Friedrich Trautwein
Studierende im Planspiel
Studierende im Planspiel
Studierende im Planspiel

Prof. Dr. Friedrich Trautwein ist wissenschaftlicher Leiter des Zentrums für Managementsimulation (ZMS) an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart. Für seine planspieldidaktischen Konzeptionen und deren Umsetzung wurde er im Jahr 2009 mit dem Landeslehrpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet. Er ist Vorsitzender der Jury zur Vergabe des Deutschen Planspielpreises und einer der Moderatoren des Europäischen Planspielforums.

Sie haben den Landeslehrpreis Baden-Württemberg vor allem für Ihre Arbeit mit Planspielen erhalten. Was sind Planspiele und wofür werden sie in der Hochschullehre eingesetzt?
Einen kurzen Überblick zur Methode Planspiel zu geben, ist sehr schwierig, da es eine unglaublich vielseitige Lehr-Lern-Methode ist. Planspiele, so wie sie bei uns durchgeführt werden, schaffen im Kern eine Lernumgebung, in der Studierende sich in einem geschützten, fehlerfreundlichen Rahmen ausprobieren können. Sie übernehmen typischerweise die Aufgabe, ein Unternehmen zu führen, und treffen hierzu in Kleingruppen ihre Entscheidungen. Sie erleben, welche Folgen diese Entscheidungen haben, und müssen lernen, mit den Auswirkungen der Entscheidungen umzugehen und daraus Konsequenzen für ihr Handeln zu ziehen. Grundsätzlich werden Planspiele in sehr vielen unterschiedlichen Bereichen eingesetzt. Historisch kommen sie aus dem militärischen Bereich und kommen dort schon seit Jahrhunderten zur Anwendung. Ein Haupteinsatzgebiet ist sicherlich die BWL, aber auch die VWL. In der politischen Bildung sind sie beispielsweise ebenfalls sehr stark vertreten. Je nach Einsatzzweck und Zielsetzung gibt es Planspiele unterschiedlicher Länge und Formate. Planspiele können computergestützt oder brettbasiert sein. Studierende können dabei in Konkurrenz zueinander stehen oder auch nicht, um nur einige Unterscheidungsmerkmale zu nennen. Genauso unterschiedlich wie die Einsatzbereiche sind auch die Ziele, die mit Planspielen verfolgt werden. Ziel kann die Teambildung sein, ebenso die Aneignung fachlicher Inhalte oder der Wissenstransfer und seine Stärkung durch die realitätsnahe Anwendung von Fachwissen.

Wie sollte der Aufbau eines guten Planspiels aussehen?
In der Tendenz haben die meisten Planspiele eine ähnliche Struktur. Nach der Spieleinführung laufen mehrere Spielrunden ab. Zwischen den einzelnen Runden werden die aktuellen Geschehnisse und Ergebnisse im Plenum ausgewertet und reflektiert. In einem exemplarischen, computergestützten Planspiel im betriebswirtschaftlichen Bereich haben wir typischerweise 25 Studierende, die in fünf Gruppen eingeteilt werden und jeweils ein Unternehmen managen. Diese fünf Unternehmen bilden einen Markt und stehen im Wettbewerb zueinander. Wir spielen häufig fünf bis sechs Spielperioden, unterbrochen durch Auswertungen im Plenum und möglicherweise ergänzt durch Zusatzübungen wie Verhandlungstraining oder zur Teamarbeit. Die Studierenden müssen jeweils auf Grundlage der Entscheidung der vorigen Spielrunde ihre Entscheidungen für die nächste Runde treffen. Sie bekommen in den Spielrunden Szenarien, in denen beispielsweise die wirtschaftliche Entwicklung abgebildet wird, sehr umfangreiche Informationen zu ihrem eigenen Unternehmen wie Kostenrechnungen, Bilanzen oder Personalberichte, und sie bekommen Informationen zu den anderen Unternehmen in Form eines Marktforschungsberichts. In diesem Kontext von eigenem Unternehmen, Nachfrage/Markt und Konkurrenz, der unterschiedlich komplex gestaltet werden kann, müssen die Studierenden ihre Entscheidungen treffen.

Für welche Fachbereiche und Semester sind Ihre Veranstaltungen konzipiert?
Ich persönlich setze Planspiele sowohl in betriebswirtschaftlichen als auch in technischen Studiengängen ein, in Bachelorstudiengängen vom ersten bis zum letzten Semester ebenso wie in Masterstudiengängen, und führe sie teilweise auch an ausländischen Hochschulen durch. Es gibt kurze einfache Planspiele für den Einstieg und sehr komplexe Planspiele, die beispielsweise auch in der Wirtschaft zur Weiterbildung von Führungskräften genutzt werden.

Gibt es typische Charakteristika eines guten Planspiels?
Man muss unterscheiden zwischen dem Planspiel und der Planspielveranstaltung. Die Planspielveranstaltung lebt natürlich immer sowohl von dem Planspiel als auch von demjenigen, der es durchführt. Ein gutes Planspiel ist realitätsnah, abstrahiert aber so stark von der Realität, dass die Komplexität den Vorkenntnissen der Teilnehmenden angemessen ist. Außerdem müssen die Konsequenzen der Entscheidungen in erforderlichem Umfang transparent sein: Ein Planspiel darf keine Blackbox sein. Für mich ist es ebenfalls wichtig, dass die Spielleitung die Möglichkeit hat, die Komplexität und den Spielverlauf für die konkrete Gruppe beeinflussen zu können, sodass sie das Planspiel gestalten und anpassen kann. Für die Konzeption der Planspielveranstaltung ist es für die Spielleitung wichtig zu wissen, dass diese Lehr-Lern-Methode ganz andere Herausforderungen stellt als eine typische frontale Lehrveranstaltung. Mit diesen Anforderungen müssen Spielleitende umgehen können. Was beispielsweise sehr wichtig ist, aber zum Teil von unerfahrenen Dozenten stark vernachlässigt wird, ist das sogenannte debriefing. Die Studierenden werden zuerst in die Gruppenarbeitsphase geschickt. Daran anschließend sollte eine gemeinsame Auswertung im Plenum erfolgen, bei der der Spielverlauf und die Entscheidungen der Teilnehmer gemeinsam diskutiert und reflektiert sowie Unklarheiten besprochen werden. Diese Phase des debriefing sollte einen angemessenen Umfang haben. Es ist nur in Ausnahmefällen angebracht, die Studierenden arbeiten zu lassen, die Entscheidungen einzusammeln und kommentarlos eine neue Runde des Planspiels zu beginnen. Die Phase der Reflexion ist sehr wichtig und diese hängt entscheidend vom Planspielleitenden ab. Da jede Planspielveranstaltung anders ist, selbst wenn das gleiche Planspiel genutzt wird, muss der Dozent die Kompetenz und die Flexibilität haben, sehr individuell auf die einzelnen Gruppen und Studierenden einzugehen.

Was unterscheidet Planspiele für Sie von anderen Lehrveranstaltungen wie zum Beispiel Seminaren?
Grundsätzlich sind Planspiele stark studierendenzentriert. Es ist eine aktive Lehr-Lern-Methode, bei der alle Studierenden gleichzeitig aktiv beteiligt sind und in hohem Maße ein individuelles Lernen stattfinden kann. Planspiele sind eindeutig nicht dafür da, primär Faktenwissen zu vermitteln, sondern es geht vor allem um den Umgang, die Anwendung und den Transfer von Wissen. Sie sollten auch nicht die primäre Lehrmethode einer Hochschule sein, sondern stellen eine nützliche Ergänzung zu anderen Lehrmethoden dar. Dabei kommt es ganz entscheidend darauf an, wie Planspiele in den Lehrplan integriert werden. Typischerweise findet ein zweifacher Transfer statt. Zum einen findet ein Transfer von Fachwissen in das Planspiel statt, sodass Studierende im Planspiel ihr Fachwissen anwenden, experimentieren, ausprobieren können und erfahren, was sie bereits wissen und was sie eventuell noch nicht vollständig verstanden haben. Zum anderen gibt es den Transfer aus dem Planspiel in andere Lehrveranstaltungen oder in die betriebliche Praxis. Typisch ist, dass Vorlesungsinhalte in Planspielen noch einmal vertieft und realitätsnah angewendet werden können. Das sind wichtige Stärken der Methode des Planspiels.

Haben Sie eine besondere persönliche Erfahrung bei der Arbeit mit Planspielen gemacht?
Ich persönlich bedaure es, dass ich selbst Planspiele nie im Rahmen meines Studiums aus Teilnehmerperspektive erlebt habe. Ich merke aber, wenn ich an Seminarleitertrainings teilnehme, wie unglaublich motivierend diese Lehr-Lern-Methode ist. Die individuelle Leistungsbereitschaft und auch das emotionale Erleben gehen hier häufig über das hinaus, was in Lehrveranstaltungen üblich ist. Auch bei Planspielwettbewerben habe ich das immer wieder erlebt. Das ist für mich eine sehr eindrückliche, persönliche Erfahrung. Planspiele sind auch häufig Augenöffner für theoretisch Gelerntes. Um es einmal an einem konkreten Beispiel festzumachen: Studierende haben oft zu Studienbeginn den Unterschied zwischen Aufwand und Auszahlung gelernt und eine Frage dazu in einer Klausur auch richtig beantworten können. Im Planspiel machen sie mit ihrem Team Gewinn, benötigen aber einen Überziehungskredit. Sie haben einen Aha-Effekt, wenn sie bemerken, dass zwischen Zahlungsmittelebene und Vermögensebene offenbar erhebliche Unterschiede bestehen. Dies kann man dann als Planspielleitender aufgreifen und diskutieren. Durch das eigene Erleben und Erfahren der Konsequenzen findet oftmals ein intensiveres Lernen statt als in Frontalveranstaltungen.

Wie bereitet man sich als Dozierender auf Planspielveranstaltungen vor?
Neueinsteiger müssen zunächst mit den Planspielinhalten und methodischen Anforderungen vertraut werden. Dazu eignet sich beispielsweise die Teilnahme an einem Seminarleitertraining. Viele Planspielanbieter bieten solche Train-the-Trainer-Seminare an. Hinzu kommt, dass man gewöhnlich zu Anfang kein Planspiel alleine durchführt. Im Idealfall werden Planspiele zumindest zunächst zu zweit durchgeführt, um eine entsprechende Betreuungsqualität gewährleisten zu können. Anfänger sind dabei Co-Dozierende und übernehmen nach und nach mehr Verantwortung. Aufgrund der hohen Komplexität der Planspielmethode besteht aber auch für eine erfahrene Spielleitung stets die Notwendigkeit, zu reflektieren, was gut gelaufen ist und wo noch Optimierungsbedarf besteht, um das Planspiel situativ an die Veranstaltung anzupassen. Eine gute Möglichkeit für den Einstieg als Dozent ist, mit kleineren Planspielen zu beginnen. Ein Klassiker wäre hier Fish Banks von Dennis Meadows. Dadurch kann man herausfinden, ob einem das Planspiel als Lehr-Lern-Methode liegt, wobei man die Rolle eines starken Lernbegleiters erfüllen und flexibel und situativ auf die jeweilige Gruppe reagieren können muss. Nicht alles ist dabei vorher planbar.

Welche Veranstaltungsform erachten Sie bei der Durchführung von Planspielen als sinnvoll: eher Blockveranstaltungen oder wöchentliche Veranstaltungen und warum?
Beides ist grundsätzlich möglich und beides hat seine Vor- und Nachteile. Aus meiner Sicht habe ich mit den Blockveranstaltungen sehr positive Erfahrungen gemacht. Die Studierenden machen dabei sehr intensive Erfahrungen und die Dynamik und die Identifizierung mit ihrem eigenen Unternehmen ist stärker, wenn das Ganze beispielsweise an drei Tagen am Stück nacheinander durchgeführt wird, als wenn ich mich jede Woche nur drei oder vier Stunden damit auseinandersetze. Semesterbegleitend besteht wiederum der Vorteil, dass man zusätzliche Aufgaben zum Planspiel besser einbauen und dass sich das Gelernte bis zur nächsten Runde festigen kann. Es kommt auch hier darauf an, welche Zielsetzungen mit der Veranstaltung verfolgt werden.

Gibt es für Sie eine optimale Teilnehmerzahl, bei der die Projektarbeit besonders gut funktioniert?
Auch hier kommt es wieder auf die Art der Veranstaltung an. Planspielveranstaltungen in der Hochschullehre bei uns bestehen typischerweise aus 25 bis 30 Teilnehmern, die wiederum in Kleingruppen von vier bis sechs Studierenden eingeteilt werden. Es gibt aber auch Großgruppen-Planspiele mit mehreren hundert Teilnehmern. Planspiele mit weniger als acht Personen sind eher selten.

Welche Unterrichtsmethoden werden bei Planspielen eingesetzt und weswegen erachten Sie diese als sinnvoll?
Grundsätzlich ist das Planspiel eine eigenständige Lehr-Lern-Methode, also eine Unterrichtsmethode für sich, die in verschiedenen Lehrveranstaltungen eingesetzt werden kann. Wichtige Komponenten in dieser Methode sind zum einen die selbstorganisierte Gruppenarbeit und zum anderen das Lehrgespräch. Während der Gruppenarbeitsphasen ist das Coaching der Teams entsprechend ihrem individuellen Bedarf sehr wichtig. Durch das hohe Maß an Selbstorganisation der Gruppen besteht die Möglichkeit, Schwächen einzelner Gruppen und Teilnehmender zu erkennen und bei Bedarf ein differenziertes Feedback zu geben. Es besteht also die Möglichkeit, für jede Gruppe ein individuelles Lernumfeld entsprechend ihrem spezifischen Bedarf zu schaffen.

Sie haben bereits angesprochen, dass mit Planspielen vielseitige Ziele verfolgt werden können. Wie formulieren Sie Lernziele für Ihre Veranstaltungen und stellen sicher, dass diese auch erreicht werden?
Zunächst muss man sich im Vorfeld die Frage stellen, was das grundlegende Ziel ist, das mit der Planspielveranstaltung erreicht werden soll: Wiederholen, Vertiefen oder aktives Ausprobieren. Ich mache es so, dass ich zu Beginn der Veranstaltung die Lernziele mit den Studierenden gemeinsam erarbeite und diskutiere. In den debriefing-Phasen zwischen den Spielrunden werden jeweils wiederum Lernziele aufgegriffen und im Plenum diskutiert. Zum Abschluss der Planspielveranstaltung ist es üblich, dass ich den Studierenden noch eine Übung gebe, in der sie in der Gruppe erarbeiten, was sie während der Veranstaltung gelernt haben, und ihren Lernprozess reflektieren und dann zum Schluss vor den anderen präsentieren.

Wie stellt man sicher, dass sich alle Mitglieder einer Gruppe beteiligen und nicht wenige Studierende alle Aufgaben übernehmen?
Das Phänomen, dass einzelne Studierende sehr wenig machen, während andere die Aufgaben übernehmen, wird bei unseren Planspielveranstaltungen schon einmal dadurch entschärft, dass es sich um eine Präsenzveranstaltung handelt. Es sind alle vor Ort und arbeiten dort. Man ist nicht darauf angewiesen, dass die Teilnehmenden zu Hause ihre Vorbereitungen erledigen. Man arbeitet in einer kleinen Gruppe von vier bis fünf Personen. Sich innerhalb dieser Gruppe zurückzuziehen, ist schwierig und auch kein Verhalten, das ich als typisch erlebe. Solche Trittbrettfahrer werden auch vom Team selbst nicht toleriert. Hier funktioniert die Eigenkontrolle der Gruppe in aller Regel sehr gut. Ich fördere die aktive Teilnahme eines jeden bereits beim Einstieg in das Planspiel, indem jedes Team zu Beginn festlegen muss, welcher Studierende welche Rolle in der Gruppe übernimmt. Somit hat jeder die Verantwortung für seine Aufgabe und übernimmt beispielsweise das Marketing, ein anderer das Finanz- und Rechnungswesen, die Produktion und Ähnliches. In den Teams erarbeitet am Anfang nicht jeder alles, sondern jeder Teilnehmer erarbeitet seinen Vorstandsbereich. Nachher in der Teamarbeit ist man dann bei allem, und natürlich vor allem in seinem spezifischen Kenntnisbereich, gefordert, da man hier Wissen hat, das die anderen sich erst im Laufe des Planspiels erarbeiten. Daneben ist es natürlich wichtig, dass die Gruppengröße passt. Je größer die Gruppen werden, umso größer ist auch die Gefahr, dass sich Einzelne ausklinken können.

Wie viel Hilfestellung sollte man den Studierenden für die Arbeit mit Planspielen geben und wie viel Eigensteuerung überlässt man den Gruppen?
Grundsätzlich ist es so, dass man so viel Eigensteuerung wie möglich zulassen und so viel Hilfe wie nötig geben sollte. Abhängig vom Lernziel, von den Vorkenntnissen und von der Komplexität des Planspiels muss man die Hilfestellung variieren, wobei die Entscheidungen letzten Endes von den einzelnen Gruppen getroffen und verantwortet werden müssen. Es ist wichtig, dass die Studierenden primär erst einmal von sich aus entscheiden, wie viel Hilfestellung sie brauchen und haben wollen. Falls etwas gar nicht funktioniert und den erfolgreichen Verlauf des Planspiels gefährdet, muss man natürlich aktiv eingreifen.

Haben Sie es schon mal erlebt, dass Studierende den Planspielen oder ihrer Gruppe gegenüber Widerstand zeigten, indem sie sich beispielsweise nicht an Vereinbarungen hielten?
Generell ist Widerstand sehr selten. Was ich am ehesten erlebe, ist, dass einzelne Studierende, die meist weniger erfolgreich waren, an der Qualität des Simulationsmodells zweifeln und darauf ihr Abschneiden zurückführen. Wenn das vorkommt, diskutiere ich die Einwände im Plenum oder auch in der jeweiligen Gruppe. In aller Regel erledigen sich die Bedenken dann schnell. Natürlich kann man jedes Simulationsmodell kritisieren. Den Studierenden sollte dabei aber bewusst sein, dass die Realität ganz bewusst stark vereinfacht wird und man beispielsweise nicht in zwei Stunden ein Unternehmen in voller Komplexität managen kann, wofür Manager in der Realität ein Jahr brauchen. Bei der Einhaltung der Zeitvorgabe für die Abgabe der Entscheidungen hat es sich bewährt, dass ein gewisser Bonus gutgeschrieben wird. Dies hat einen extrem motivierenden Charakter.

Auf welche Art geben Sie Studierenden Feedback?
Grundsätzlich bekommen die Studierenden nach jeder Spielrunde während des Debriefing Feedback darüber, wie gut sie ihr Unternehmen gemanagt haben und wo es Schwächen gab. Dabei ist es wichtig, darauf zu achten, dass durch schlechte Ergebnisse einzelne Gruppen nicht bloßgestellt werden und daraufhin die Motivation an der Sache verlieren. Darüber hinaus geht man während der Spielphasen in die einzelnen Gruppen und diskutiert mit ihnen, sodass hier permanent eine Rückkopplung stattfindet. Gerade wenn es in einzelnen Gruppen schlechter läuft, muss man dabei oft etwas in die Tiefe gehen und ihr Vorgehen gemeinsam analysieren. Ich fordere die Studierenden außerdem explizit auf, sich auch innerhalb der Gruppe gegenseitig Feedback zu geben und den Gruppenprozess zu reflektieren. Fehler zu machen, ist ja beim Planspiel erwünscht, um daraus zu lernen.

Welche Form des Leistungsnachweises präferieren Sie für Planspielveranstaltungen?
Meine persönliche Präferenz liegt eindeutig darauf, dass der Leistungsnachweis durch die aktive Teilnahme während der Veranstaltung zustande kommt. Möglich ist auch eine Bewertung anhand von speziellen, ins Planspiel integrierten Gruppenarbeiten, zum Beispiel einer Abschlusspräsentation. Eine gute Möglichkeit ist außerdem, eine Klausur zum Planspiel zu stellen. In meinem Fall erhalten die Teilnehmenden einen Bericht, wie sie ihn aus den Spielrunden kennen. Aufgabe in der Klausur ist dann die Analyse und Auswertung dieses Berichts. Dies wäre eine Möglichkeit, eine Benotung für die Veranstaltung durchzuführen, falls dies erforderlich ist. Ich würde persönlich nicht empfehlen, die Spielergebnisse als Basis für die Benotung zu nehmen. Ein solches Vorgehen ginge bei einem Planspielwettbewerb, bei dem die Siegergruppe einen Preis erhält, keinerlei Betreuung und Coaching stattfinden und anstatt des Lernens der Wettbewerb im Mittelpunkt steht. Ziel eines Planspiels an einer Hochschule ist es aber, dass die Studierenden etwas lernen. Das bedeutet für mich, dass ich während der debriefing-Phasen, aber auch während der Spielphasen als Betreuer auf Fehler hinweise, mal klarer und direkter und auch mal nur sehr indirekt, nach dem Motto: "Überlegen Sie mal, ob das die optimale Entscheidung war oder ob Sie hier nicht vielleicht noch etwas anderes machen könnten." Diese Hilfestellungen beeinflussen natürlich den Spielverlauf und diese Hilfe dürfte ich dann nicht geben, wenn am Ende die Spielergebnisse über die Benotung entscheiden.

Wie holen Sie sich Feedback von den Studierenden ein und wie gehen Sie mit diesem Feedback um?
Im Verlauf des Planspiels stehe ich kontinuierlich in Kontakt mit den Studierenden. Im Gespräch mit den einzelnen Gruppen bekomme ich dann sehr schnell die Stimmung innerhalb der Gruppen mit und merke, wann beispielsweise die Anforderungskomplexität zu hoch oder zu niedrig ist. Dies ermöglicht planspielbegleitende Entscheidungen, da das Planspiel situativ angepasst werden kann. Grundsätzlich gibt es bei uns noch ganz formal ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem, bei dem die Studierenden jede Veranstaltung evaluieren. Dies ermöglicht den Vergleich der Lehrveranstaltung mit hunderten anderen. Darüber hinaus bitte ich die Studierenden um ein Feedback im Plenum im Rahmen der Abschlussbesprechung. Zum Teil gibt es auch noch einzelne Studierende, die mir ein persönliches Feedback geben. Diese Rückmeldungen nutze ich dann, um die Lehrveranstaltungen zu optimieren. So habe ich zum Beispiel erfahren, dass hohe Komplexität am Anfang von den meisten Studierenden gewünscht ist. Bei einzelnen Studiengängen, die weniger zahlenaffin sind, ist diese dann zu hoch, beispielsweise bei kostenrechnungsintensiven Planspielen, sodass ich dort die Komplexität mittlerweile zu Beginn niedriger ansetze.

Gibt es noch etwas, das wir bislang nicht angesprochen haben, Sie neuen Dozierenden aber mit auf den Weg geben möchten?
Planspiele als Lehr-Lern-Methode fordern einen Lehrenden auf besondere Weise, machen aber auch sehr viel Spaß. Der Aufwand, sich mit dieser Methode vertraut zu machen und sich einzuarbeiten, ist am Anfang sicherlich sehr hoch, aber er lohnt sich auf jeden Fall. Dabei sollte man selbst Freude am Spielen haben und an den Herausforderungen, die jede Planspielveranstaltung mit sich bringt. Viele Entwicklungen sind nicht planbar und müssen spontan entschieden oder gelöst werden, keine Veranstaltung ist wie die andere. Viele, die diese Methode einmal ausprobiert haben, setzen sie zunehmend häufiger in ihrer Lehre ein.